Kapitel 5

Sparrate verstehen – Teil 1

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Wie sie funktioniert und was sie bewirkt

"Wie viel sparst du eigentlich im Monat?" – Diese Frage klingt erstmal harmlos. Doch wenn man sich ernsthaft mit FIRE beschäftigt, merkt man schnell: Die Antwort darauf hat richtig Gewicht. Denn die sogenannte Sparrate ist einer der größten Hebel auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit.

In diesem ersten von zwei Teilen schauen wir uns gemeinsam an, was die Sparrate überhaupt ist, warum sie so mächtig ist und wie sie unseren FIRE-Weg entscheidend beeinflusst. Wir erzählen dabei nicht aus der Berater-Perspektive, sondern als ganz normale Familie, die sich Gedanken darüber macht, wie sie langfristig frei(er) leben will – und was es dazu braucht.

Was ist eigentlich die Sparrate?

Die Sparrate beschreibt, wie viel Prozent deines monatlichen Nettoeinkommens du zur Seite legst. Ganz einfach gesagt:

Sparrate = Ersparnisse pro Monat / Nettoeinkommen pro Monat

Wenn du also 600 Euro von deinen 3.000 Euro Nettoverdienst im Monat zurücklegst, liegt deine Sparrate bei 20 %. So weit, so einfach. Doch wie immer steckt der Teufel im Detail – vor allem, wenn man die Sparrate im Kontext von FIRE betrachtet.

Sparrate ist nicht gleich Sparrate

Im Alltag sprechen viele Menschen davon, dass sie "sparen" – und meinen damit alles Mögliche: ein bisschen was aufs Sparkonto packen, Schulden zurückzahlen, eine Lebensversicherung bedienen oder auch mal auf Urlaub verzichten. Aber beim FIRE-Konzept geht es nicht darum, einfach nur Geld nicht auszugeben, sondern darum, Vermögen aufzubauen, das später für dich arbeitet. Wenn du Geld in ein ETF-Depot steckst oder gezielt Rücklagen für Investitionen bildest, dann ist das echtes Sparen im Sinne von FIRE. Auch die Tilgung eines Immobilienkredits kann dazugehören – aber nur dann, wenn du dabei wirklich Vermögen aufbaust.

Was eher nicht zählt, sind die Zinsen deiner Kreditrate (weil das Geld weg ist), oder Rücklagen für die nächste Autoreparatur. Auch eine selbstgenutzte Immobilie, die du zwar abbezahlst, aber nie verkaufen willst, ist kein beitragendes Investment im FIRE-Sinne. Denn so schön ein Eigenheim auch ist – es generiert kein Einkommen. Und FIRE lebt vom Cashflow, nicht von im Haus gebundener Substanz.

Wenn du zum Beispiel in einem Haus wohnst, das auf dem Papier zwei Millionen Euro wert ist, aber kein Einkommen bringt, bist du vermeintlich reich – aber in Wahrheit vielleicht gar nicht finanziell unabhängig. Du brauchst weiterhin Geld für Instandhaltung, Versicherungen, Steuern – und eben zum Leben. Das soll kein Plädoyer gegen Immobilien sein – wir finden Wohnsicherheit selbst super wichtig. Aber im FIRE-Kontext ist es entscheidend, ehrlich zu unterscheiden: Was bringt später laufend Erträge? Und was nicht?

Warum die Sparrate dein Turbo ist

Viele denken beim Thema finanzielle Unabhängigkeit zuerst an große Summen: eine Million Euro, ein fettes Depot, vielleicht ein Mietshaus. Aber tatsächlich ist deine Sparrate oft der wichtigste Faktor überhauptviel wichtiger als dein Einkommen.

Warum? Weil sie auf zwei Ebenen gleichzeitig wirkt:

  • Du baust mit jeder gesparten Euro mehr Vermögen auf.
  • Gleichzeitig sinkt dein Lebensstil-Niveau, das heißt, du brauchst in Zukunft weniger, um gut zu leben.

Dieser Doppelfaktor sorgt dafür, dass die Sparrate exponentielle Wirkung entfaltet. Bei 10 % Sparquote kann es über 30 Jahre dauern, bei 50 % vielleicht 17 Jahre – und bei 70 % sind es oft nur noch 8 bis 10 Jahre. Sie ist das Gaspedal, mit dem du das Tempo bestimmst – je nachdem, wie schnell oder entspannt du unterwegs sein willst.

Wie schnell geht FIRE? Ein paar Rechenbeispiele

Schauen wir uns das Ganze mal mit Zahlen an. Nehmen wir an, du verdienst 3.000 € netto im Monat. Für FIRE brauchst du etwa das 25-fache deiner Jahresausgaben – das ist die klassische Faustregel auf Basis der 4 %-Regel. Die folgende Tabelle zeigt dir, wie sich deine Sparquote auf deine Reisezeit auswirkt:

Sparrate Jahre bis FIRE (ca.)
10 % 50+ Jahre
25 % 32 Jahre
50 % 17 Jahre
70 % 8–10 Jahre

Natürlich hängt das auch von der Rendite deiner Investments ab – aber der Trend ist eindeutig: Je mehr du zurücklegst, desto weniger Zeit brauchst du.

Was ist in Deutschland eigentlich realistisch?

Die durchschnittliche Sparquote der deutschen Haushalte liegt irgendwo zwischen 11 und 20 %. Aber was sagt das aus? Eigentlich nicht viel. Denn in der Realität ist die Spanne riesig:

Manche verdienen gut und sparen trotzdem kaum. Andere verdienen durchschnittlich und legen erstaunlich viel zur Seite. Familien mit Kindern haben oft weniger Spielraum. Und viele Menschen sparen gar nicht bewusst, sondern lassen einfach "was halt übrig bleibt".

Ein Blick in andere Länder zeigt: In den USA liegt die Sparquote teils unter 10 %, während in Skandinavien oder Südkorea teils deutlich mehr gespart wird – kulturelle Unterschiede spielen hier eine große Rolle. Aber wichtiger als jede Statistik ist letztlich die Frage: Was ist für dich realistisch?

Ausblick: Wie geht es weiter?

Jetzt weißt du, warum die Sparrate so wichtig ist – und wie sehr sie deinen Weg zur finanziellen Unabhängigkeit beeinflussen kann.

Im zweiten Teil dieses Artikels geht es um die Fallstricke, Hürden und Umsetzungsfragen: Was hilft dir wirklich beim Sparen? Was ist gut gemeint, aber wenig wirksam? Und wie kannst du deine Sparrate erhöhen, ohne dich selbst zu überfordern?

Hier geht es weiter: Sparrate nutzen – Teil 2